
Timo, Sören und Timo (v.l.) identifizieren die Pflanzen und Tiere mithilfe von Bestimmungslexika. Doch nicht immer werden sie fündig. Fotos: Nadine Przystow
Schwerte. Seit neun Jahren nimmt das Ruhrtal-Gymnasium am Tag der Artenvielfalt des Reportagemagazins GEO teil. Auch am Dienstag erkundeten mehr als 50 Schülerinnen und Schüler das Naturschutzgebiet Mündung Mühlenstrang sowie das Rohrmeisterei-Plateau, um Pflanzen und Tiere zu identifizieren.
„Wir haben hier verschiedene Biotope auf sehr engem Raum. Angefangen beim Großgewässer Ruhr zum Kleingewässer Mühlenstrang über Feldränder bis hin zu einem kleinen Waldstück“, erklärt Biologielehrer und Exkursionsleiter Remon Hippert den großen Vorteil des ausgewählten Untersuchungsbereichs, der im Hinblick auf das diesjährige Thema „Biotopvernetzung“ für eine entsprechende Bestandsaufnahme der heimischen Flora und Fauna besonders gut geeignet ist.
Mit Keschern und Lupen unterwegs

Der zwölfjährige Timo hat die gefundene Weinbergschnecke auf den Namen Franz getauft.
In Gruppen durchkämmten die MINT-Klasse der Jahrgangsstufe 6 und der Leistungskurs Biologie die Sträucher nach Insekten, begutachteten Fische im Mühlenstrang und bestimmten Pflanzen am Plateau und am Bachufer. Kescher, Fanggläser, Lupen und Bestimmungslexika dienten als Hilfsmittel. Was vor Ort nicht näher bestimmt werden konnte, wird in der Schule für eine genauere Analyse noch einmal unters Mikroskop gelegt.
Denn nicht immer stimmen alle im Buch beschriebenen Merkmale mit dem Exemplar in der Natur überein. So versuchten sich Timo (12) und Sören (17) an einem krautähnlichen Gewächs mit ovalen Blättern und kleinen gelben Blüten. Nach einem kurzen Blick vermutete Timo eine Orientalische Zackenschote, doch waren die Blätter am Rand nicht gezähnt. Das Lexikon bot noch weitere Alternativen an, aber keine traf ohne Einschränkung auf den Fund zu.
Sicher hingegen ist, dass eingeschleppter Wiesen-Bärenklau und wasserspeichernde Sukkulenten wie Fetthennen rund um Mühlenstrang und Rohrmeisterei-Plateau häufig zu finden sind. Der Schlangenlauch tauchte bei der Inventur allerdings zum ersten Mal auf, selbst der Biolehrer weiß darüber nicht sehr viel. Eine kurze Recherche im Internet ergab, dass sich das Gewächs sonnige Standorte sucht und in ganz Europa verbreitet ist, einschließlich der Britischen Inseln sowie in Teilen Westasiens, beispielsweise Syrien. Denkbar wäre also, dass die in Schwerte angekommenen Zuwanderer davon Spuren an ihren Schuhen hatten.

Ein seltener und schöner Fund: Der Goldlaufkäfer.
Neue Arten durch den Klimawandel
Da das RTG das Areal rund um das Kulturzentrum schon über mehrere Jahre unter die Lupe nimmt, können inzwischen auch Tendenzen festgestellt werden: „Wir haben hier auf jeden Fall eine Zunahme wärmeliebender Arten“, so Remon Hippert. Das hänge zum einen mit den vielen Betonflächen zusammen, die als Wärmespeicher dienen, zum anderen aber natürlich auch mit dem Klimawandel. Diese Entwicklung bezieht sich sowohl auf die Landschaft als auch auf die Gewässer. So ist beispielsweise die Häufigkeit von Grotten, die in den ersten Untersuchungsjahren gar nicht erfasst wurden, im Mühlenstrang deutlich angestiegen. „Der Rhein wird insgesamt wärmer und von da aus fließt das Wasser über die Ruhr in unsere Bäche. Das ist ein deutschlandweites Phänomen“, erklärt Hippert. An Land hat der chinesische Marienkäfer seinen einheimischen Kameraden mittlerweile fast vollständig verdrängt. Trat auch der anfangs nur vereinzelt auf, liegt seine Häufigkeit nun bei 99 Prozent.
Die Idee des GEO-Tags der Artenvielfalt ist es, innerhalb von 24 Stunden in einem begrenzten Gebiet möglichst viele Pflanzen und Tiere zu bestimmen, um den Artenreichtum vor der eigenen Haustür zu entdecken. Mehrere hundert Gruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligen sich an dieser Initiative. Ihre Ergebnisse tragen sie in einem speziellen Onlineportal ein, wo sie von Experten entsprechend ausgewertet werden.