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Tolle Hormone im Stall

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Neues Dreigestirn am Unplugged-Himmel: TRES TOSTERON (v.l.: Olaf Jordan, Frank Schultz, Jörg Schebaum)

Von Georg Nebel

Wandhofen. Am Samstag war wieder Live-Musik im Stall, vielen Schwertern noch als Musik-Pub bekannt. Ein gutes Händchen bewies der Veranstalter mit der Einladung des Unplugged-Trios TRES TOSTERON. Ungeachtet ihres etwas schrägen Namens konnten die drei Männer aufgrund dessen was sie machten und wie sie es machten das Publikum voll überzeugen. In toller Atmosphäre im rustikalen Innenhof wurde keineswegs nur Bier oder Prosecco vor akustischer Tapete konsumiert, sondern sich wohlgefühlt und entspannt, zugehört und genossen, unaufgefordert mitgesungen und ausgiebig applaudiert, sehr oft sogar getanzt. Die meisten Unplugged-Ensembles erzeugen durchaus weniger Resonanz.

FRISCHER WIND IN DER UNPLUGGED-SZENE

Oder sollte man besser schreiben: Starker Tobak? „Unplugged“ bedeutet im musiktechnischen Sinne etwa „mit herausgezogenem Stecker“ und ist Synonymbegriff für stromlose Unterhaltungsmusik-Vorträge, für manche gar ein Novum in unserer übertechnisierten Welt. Aber kaum ein Künstler zieht das orthodox durch, denn fast immer gibt es ein Gesangsmikrofon oder steht irgendwo ein kleiner Verstärker für die Akustikgitarre. TRES TOSTERON sind da keine Ausnahme: man sieht drei Mikrofone und zwei Gitarren, angeschlossen an eine kleine aber feine Ton-Anlage, Hauptsänger Frank Schultz greift gelegentlich zu Shaker oder Schellenkranz – soweit konzeptionell nichts Besonderes. Die Geheimwaffe dieser Band heißt Jörg Schebaum, ein unauffälliger Typ ohne Bühnenego, der es musikalisch aber faustdick hinter den Ohren hat. Schebaum ruft mittels eines elektronischen Bodenpedals vorgefertigte kurze Rhythmus-Muster (der Mann ist eigentlich renommierter Schlagzeuger, unausweichlich hier die Referenz des 80er-Jahre-Hits „Bruttosozialprodukt“ von Geier Sturzflug) ab und montiert daraus im Live-Betrieb einen sehr geschmackvollen und -im Gegensatz zum unveränderlichen Playback- variierbaren Begleit-Groove. Es ist genau dieses ungewöhnliche Alleinstellungsmerkmal, dass den vermeintlich etwas angestaubten Unplugged-Sound (Gesang, Gitarre & Co.) für heutige Hörer auf eine frische akustische Ebene katapultiert, ganz gleich welcher Song gerade anliegt.

OHREN AUF BEI DER REPERTOIRE-WAHL

Haben sie gehabt. Neben ein paar unkaputtbaren Klampf-Klassikern wie „Give a little bit“ (Supertramp), „Solsbury Hill“ (Peter Gabriel) oder gar „Mrs Robinson“ (Simon & Garfunkel) und leider auch „Wonderwall“ (Oasis) ist die Liedermappe v.a. bestückt mit opulenten Volltönern, die man quasi kaum bis gar nicht im Unplugged-Genre verorten würde, z.B. „Hold on tight“ (Electric Light Orchestra), „Africa“ (Toto), „Dancing Queen“ (Abba), „September“ (Earth, Wind & Fire). Interessant bleiben Repertoire und musikalischer Vortrag auch dadurch, dass die Musiker eben nicht der Verlockung obliegen, ihre Groove-Box bei jedem Song einzusetzen, sondern -je nach Lied, Lust & Laune- zwischen purem und aufgepepptem Sound zu wechseln. Und irgendwie machte es auch nichts, dass einige wenige Passagen für Frank Schultz schlichtweg zu hoch lagen oder der Chorgesang von Jörg Schebaum und Olaf Jordan etwas unsauber war – TRES TOSTERON kommen stets ausgewogen, sympathisch, natürlich, authentisch „rüber“ und überzeugen gleichzeitig durch Professionalität und Erfahrung.

BITTE WEITER SO

Schicke Songauswahl, prima Präsentation, innovativer Loopbox-Einsatz – konzeptionell sind TRES TOSTERON im Unplugged-Genre das neue Maß der Dinge und eindeutig empfehlenswert für alle Spielorte zwischen Wohnzimmer & Stadtfest.


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