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Schwerte. Bei einem Programm mit dem Titel „Männer brauchen Grenzen“ stellt sich schon die Frage, ob die anwesenden Herren gezwungenermaßen auf den Sitzen in der Rohrmeisterei Platz genommen haben. Eine Abreibung statt Kleinkunst? Tina Teubner zerstreut Bedenken gleich nach der Begrüßung. Lebensgemeinschaften aller Arten und die begleitenden Lügen im Besonderen sind ihr Topic des Abends – und so sind alle im Visier in der dritten Runde der Schwerter Kleinkunstwochen.
Die Halle ist voll, das Zielpublikum 50 plus mit nur wenigen Ausnahmen, gemischte Geschlechter, Schwerter Kleinkunstgänger und Zugereiste. Pointiert und glasklar sortiert sich Teubner zunächst in ebenso geschliffenem wie oberflächlichem Jargon der Tagungsreferentin und macht die Hirarchie zwischen sich und Bühnenpartner Ben Süverkrüp vermeintlich klar. („Ja, Ben, da war schon viel Schönes dabei.“) Wenn Sätze wie Messer schneiden, wenn Gewalt sich in dogmatischer Formulierung äußert, legt die Kabarettisten, bekennende Kölnerin und ausgebildete Violinistin, ihre Blicke gezielt auf. Man(n) musste kein Emma-Abonnent sein, um das attraktiv, beängstigend und brillant zu finden.
Das Spiel mit den verbalen Bällen
Im dunklen Anzug mit Budapester Schuhen und gehörig viel Abstand zwischen Stehtisch und Flügel spielte sich das Bühnenpaar die verbalen Bälle zu. Da kam es zu wortakrobatischem Schlagabtausch und immer wieder zu klassischem Liedgut mit scharf-launigen Texten. Anekdoten, Leseproben aus dem Erziehungsratgeber für Männer, und immer wieder kleine melancholische Sätze, die aus dem Abend etwas besonders machten und am Ende zu tosendem Beifall führte.
Wenn „heiße Tränen die Tränensäcke entlang kullern“, Theodor W. Adorno und „rechtmäßig empfundenes Glück“ seinen Raum findet, hebt sich das Programm aus dem Einerlei und kombiniert die tragende Allianz aus Traurigkeit und Freude. Schlimmstes Schimpfwort der Frau mit einem Köcher voller Geistesblitze: BEIGE. So ein verwaschenes, bleiendes Beige. In einer knappen Merkel Parodie macht sie klar, wo sie auch politisch steht. „Wenn alles Beige wird…“.
Wenn aus Beethoven Abba wird
Als dann eine musikalische Kommentierung vom Steinway Flügel schwappt und aus Beethoven ABBA, aus Mozart der Ententanz generiert wird, zeigt der Pianist ohne Nachnamen, aber mit der „schweren Kindheit voller Zweifel in der Eifel“, was er versteckt. So wird es am Ende rund, die Perspektive für das Leben jenseits der 80 sind abgesteckt („Bonbons mit Zucker drin und lethargisch in die Absichtslosigkeit blicken.“). So geht das Publikum verunsichert und gestärkt, aber in sich grinsend nach Hause, begleitet von den Nachtlied-Klängen der singenden Säge als umjubelte Zugabe.
Weiter geht’s in der Reihe „Grenzgänger und Querdenker“ am Donnerstag (17. März) mit Dr. Eckart von Hirschhausen – diese Veranstaltung ist ausverkauft. Karten gibt es aber noch für den 8. April (Freitag) und „Doble Mandoble“ (19.30 Uhr).