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Channel: Blickwinkel – Das Nachrichtenportal für Schwerte
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Der Schwerter und sein Kampf ums Nacktsein: Jetzt führt der Weg ins Gefängnis

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Hagen/Schwerte. Wenn es nach dem Schwerter ginge, müssten demnächst alle nackt herumlaufen. Ein Mann zeigte sich mehrfach in Frauenkleidern und zog vor zum Teil erschrockenen und angewiderten Spaziergängern „blank“. Nach einer Reihe von Geldstrafen und einer Bewährungsstrafe fand das Schwerter Amtsgericht, dass die Eskapaden des 52-Jährigen anders geahndet werden mussten. Es verurteilte ihn zu einem Jahr und sechs Monaten Haft. Es legte dabei fünf Taten aus dem Mai bis August 2015 zugrunde. Das wollte der leidenschaftliche Nudist nicht hinnehmen und legte Berufung ein. Nun musste sich das Landgericht mit dem Thema beschäftigen.

Kampflustig und uneinsichtig

Der Mann führt eigenen Angaben zufolge einen „Kampf fürs Nacktsein“. Er sieht es als sein natürliches Recht an, sein Geschlechtsteil vorzuzeigen. Daher war es keine Überraschung, dass er sich auch vor dem Hagener Landgericht äußerst kampflustig und völlig uneinsichtig zeigte. Zur Verhandlung trug der 52-Jährige ein ultrakurzes lila Lackröckchen, dazu einen Damenpullover in einem Fliederton. Mit einem Stapel Unterlagen vor sich, fein säuberlich in Küchentücher eingeschlagen, machte er es sich auf seinem pinkfarbenen Handtuch im Sessel bequem.

Die Mammutsitzung dauerte bis in den späten Nachmittag. Währenddessen nutzte der Schwerter die Verhandlung immer wieder als Podium für sein Ansinnen: seine Freiheit, nackt sein und sich anderen Menschen zeigen zu dürfen, wann immer er wolle. Er machte auch offenherzige Ausführungen zu seiner Sexualität und Nacktheit.

Menschen reagieren empfindlich

Die Menschen, denen er sich in den Ruhrwiesen und der Lohbachstraße gezeigt hatte, fühlten sich von seinen Aktionen nur abgestoßen. Sie sprachen zum Teil von Ekel und dass sie sich stark in ihrem Empfinden für Anstand verletzt fühlten. Obwohl der Angeklagte das zu hören bekam, ließ er es sich nicht nehmen, die Zeugen zu fragen, ob sie sich sexuell erregt gefühlt hätten, als sie ihn sahen. Sein „letztes Wort“ nutzte der Mann für ein eigenes Plädoyer: „Alle sollten nackt herumlaufen. Das kann nicht strafbar sein! Ich weiß –leider vielleicht zu viel –, dass viele Menschen, die sich entblößt haben, nicht verurteilt werden. Auch Küssen in der Öffentlichkeit hat bestimmt einen sexuellen Bezug. Meine Taten sind nicht erheblich genug, um verurteilt zu werden.“ Des Weiteren war er überzeugt: „Wir bereiten anderen Freude und Liebe!“

Die Berufungskammer des Hagener Landgerichts bestätigte das Urteil in Teilen. Nach den Zeugenaussagen blieben drei Fälle zur Verurteilung übrig. Und für die gab es acht Monate Haft – ohne Bewährung. Hinzu kommen noch sechs Monate aus einer früheren Bewährungsstrafe. Denn die Bewährung ist hier verwirkt.

Schamgefühl verletzt

Der vorsitzende Richter teilte in der Urteilsbegründung mit: „Sie haben das individuelle Scham- und Anstandsgefühl normal empfindender Menschen verletzt. Im konkreten Fall haben Sie sich als Frau geschminkt, sich so gekleidet und in dieser Hülle Ihr Geschlechtsteil gezeigt. Es kam Ihnen darauf an, das Schamgefühl der Leute zu verletzen.“ Der Richter führte aus, dass die Zeugen „schön differenzierten, dass Sie diesmal zu weit gegangen sind. Sie wussten aus früheren Verfahren, dass Menschen daran Anstoß nehmen. Aber Sie genießen die Blicke. Es geht Ihnen um den besonderen Auftritt!“


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