Kreis Unna/Schwerte. Rund 1/8 aller Erwerbstätigen in NRW pflegt derzeit in der ‚Freizeit‘ einen nahen Angehörigen oft unter hohem psychischen, physischen, und sozialen Druck. Im Zuge des demographischen Wandels wird diese Zahl in den nächsten 15 Jahren stark ansteigen. Für den Kreis Unna ist mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen um ca. 30 % bei einem gleichzeitigen Rückgang der potentiell Pflegenden von 20% zu rechnen.
‚Angesichts der demographischen Entwicklung betrachten wir die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf als eine der zentralen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart‘, berichtet Iris Lehmann, Leitung der Ökumenischen Zentrale. Wer erwerbstätig ist und gleichzeitig Angehörige pflegt, gerät auch bei guter Organisationsfähigkeit schnell an seine Grenzen. ‚Mangelnde Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf hat negative Folgen für die Betriebe‘, führt sie fort, ‚neben einer erhöhten Abwesenheitsrate, höherem Krankenstand, verminderter Produktivität, Arbeitszufriedenheit und -moral, führt sie häufig auch zum vorzeitigen Verlust von qualifizierten Arbeitskräften. Untersuchungen haben ergeben, dass die betrieblichen Folgekosten sich auf rund 14.000 € pro Jahr und Mitarbeitenden belaufen.‘
Das Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf fordert daher sowohl von den Betroffenen als auch von den Unternehmen ein gutes Organisationsmanagement und neue Vereinbarkeitskonzepte. Hier kann die Installation von Pflegelotsinnen und Pflegelotsen in Unternehmen helfen eine Brücke zu bauen. Sie sorgen dafür, dass die Unterstützung von berufstätigen pflegenden Angehörigen früher und verlässlicher einsetzt, um Reibungsverluste für die Pflegenden zu vermeiden und das Zeitmanagement insgesamt zu erleichtern. Betriebliche Pflegelotsen bieten Mitarbeitenden eine kompetente und schnelle Orientierung über betriebsinterne Angebote und externe Anlaufstellen. Sie führen selbst keine Pflegeberatung durch, sondern lotsen Ratsuchende zu den benötigten Ansprechpersonen. Den Beschäftigten vermittelt die unternehmensinterne Kontaktperson Sicherheit. Sie unterstützt die betroffenen Beschäftigten dabei, die individuellen Vereinbarkeitslösungen mit den zuständigen Vorgesetzten abzustimmen.
Die für die Installation von Pflegelotsen in Betrieben benötigten Grundkenntnisse können in der Qualifizierung ‚Unternehmen Pflegelotse‘ erworben werden, die am 15. und 22. April jeweils in der Zeit von 8.30 bis 13.00 Uhr erstmalig im Kreis Unna angeboten wird. Inhalte sind z.B. die Grundlagen der Gesprächsführung, die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Pflege und die sozialpflegerische Infrastruktur. Zusätzlich wird für jedes teilnehmende Unternehmen ein individueller Pflegekoffer zusammengestellt, der neben allgemeinen Informationen auch die jeweiligen Beratungs- und Entlastungsangebote an den Wohnorten der Mitarbeitenden enthält.
Interessierte Unternehmen erhalten weitere Auskünfte unter der Rufnummer 0 23 04 – 93 93-91. Anmeldungen werden ab sofort entgegengenommen.