
Von Dr. Wolfgang Nockelmann
Schwerte. Zur Kultveranstaltung avanciert ist die im Jahr 2010 erstmals veranstaltete internationale Gitarrennacht – am Freitag gab es die 5. Veranstaltung dieser Reihe im Paul-Gerhardt-Haus und wieder konnte ihr Organisator Wolfgang Nockelmann im Paul-Gerhardt-Haus nicht nur erneut vier Weltklassegitarristen präsentieren, sondern wieder eine große Fangemeinde begrüßen, deren Mitglieder teilweise über 200 Kilomeiter weit angereist waren. Sein Versprechen, auch diesmal wieder Wellness für die Ohren zu bieten, löste er ein.
Die musikalische Leitung lag erneut in den Händen von Buck Wolters, der kurzweilig durch das Programm führte und sich mit „While my guitar gently weeps“ und zwei weiteren Stücken seines neuen Albums „Still my Guitar“ gleich am Anfang die Bewunderung des teilweise sehr fachkompetenten Publikums verdiente. Ihm folgte Pierre Bensusan, ein Franzose mit algerischen Wurzeln, der nicht nur mit seiner Fingerfertigkeit das Publikum verzauberte, sondern mit einer Stimmakrobatik, die der von Bobby McFerrin in nichts nachsteht. Bei geschlossenen Augen war teilweise kaum zu erkennen, ob es nun die Gitarre oder die Stimme von Pierre Bensusan war, die man hörte. Ein Auftritt, den man so schnell nicht vergessen wird – nächste Woche spielt Pierre in New York, danach in Woodstock und tourt dann durch die USA und Kanada – die Gitarrennacht in Schwerte als Auftaktkonzert für eine solche Tournee scheint das angemessene Event in dieser Reihe zu sein.
Zauberer an der Gitarre
Selbst nach diesem grandiosen Auftritt fiel die Spannungskurve nicht ab. Der aus Argentinien stammende Carlos Dorados wurde begleitet von seinem Sohn Lucas („this evening´s best looking musician“, wie Michael Fix später anmerkte), der mit ebenso gefühlvoller Begleitung wie auch temperamentvollen Soli auf dem Vibraphon die Gitarrentöne ergänzte, verstärkte, betonte und damit der Stimme von Pierre Bensusan eine weitere Überraschung des Abends folgen ließ.
Kaum der Ankündigung bedurfte der Australier Michael Fix. Der erste und erfolgreichste Schüler seines berühmten Landsmannes Tommy Emanuel spielte zum dritten Mal bei der Gitarrennacht und kann auf zwei Solokonzerte in Schwerte zurückblicken – er liebt sein Schwerter Publikum und würde es gern, wie er sagte, mit nach Australien nehmen. Beeindruckend sein von dem gleichnamigen Gemälde Picassos inspiriertes, konzertantes Stück „Guernica“ – Gänsehaut inklusive. Den Abschluss seines Solo-Parts bildete die feuerwerkartig vorgetragene Toccata – das Publikum dankte für eine fingerakrobatische Höchstleitung mit donnerndem Applaus.
„Wie soll das denn gehen, dass vier so unterschiedliche Gitarristen zusammenspielen?“ fragte ein Besucher der Veranstaltung in der Pause. Seine Frage war umso berechtigter, als die fünf Künstler (außer natürlich Carlos und Lucas Dorado) noch nie miteinander gespielt hatten und sich lediglich namentlich kannten. Die klare und deutliche Antwort auf die Frage gab es im zweiten Teil des Abends, nach u.a. jahreszeitgemäßer Stärkung mit Zwiebelkuchen und Federweißen. Ob „Superstitious“, Latin und Salsa, Mozart oder Eigenkompositionen der vier Zauberer an der Gitarre – ob zu zweit, zu dritt, zu viert oder zusammen mit der „komischen Tischgitarre“ (Zitat Buck Wolters) von Lucas Dorado – die fünf motivierten sich gegenseitig und selbst wenn eigentlich nur zwei von ihnen spielen wollten, hielt es die anderen nicht lange im Hintergrund – wie etwa bei dem eigentlich von Michael Fix und Pierre Bensusan eingespielten Stück „Dubai“, dessen zweite Hälfte von allen fünf Musikern gemeinsam gespielt wurde, wobei Carlos Dorado – wie auch bei einigen anderen Stücken -von der Gitarre zum Cajon wechselte und damit das Spiel der Gitarren rhythmisierte. „No Name Yet“- eine Eigenkomposition von Pierre Bensusan, die zum Träumen und Wohlfühlen einlud – zu schön, um einen Namen zu tragen, da waren sich Musiker und Publikum einig.
„Aber bitte immer mit diesem Publikum!“
Erst nach mehreren Zugaben und mit Standing Ovations ließ das Publikum die fünf letztlich ziehen – es hätte noch Stunden weitergehen können. Pierre Bensusan wie auch Carlos und Lucas Dorado, die erstmals in Schwerte gespielt haben und für die die Struktur der Veranstaltung etwas neues war, waren begeistert, abseits sonst üblicher Solokonzerte mit anderen Kollegen auf Weltklasseniveau jammen zu können – „Ihr könnt das jede Woche machen, ich werde immer dabei sein“ war der Kommentar von Pierre Bensusan, als alle wieder Backstage waren, gefolgt von dem Wunsch „Aber bitte immer mit diesem Publikum!“. Schöner lässt sich der Dank des Künstlers an sein Publikum kaum ausdrücken.
Mit der nächsten Gitarrennacht darf für den Mai 2018 gerechnet werden. Damit die Zeit bis dahin nicht zu lang wird, wird einer der Fingerstyle Masters, der sich wie Michael Fix in besonderer Weise in das Herz des Schwerter Publikums gespielt hat, am 31. Mai 2017 im Rahmen seiner Europa-Tournee zu einem Solo-Konzert nach Schwerte kommen: Andrea Valeri, der virtuose Italiener, der bei seinem ersten Besuch in Schwerte das Publikum mit seiner Interpretation des Dire Straits-Stückes „Money for Nothing“ begeisterte und es im vergangenen Jahr mit seiner Angelo-Branduardi-„Nummer“ überraschte. Das Datum steht fest, Uhrzeit und Ort werden rechtzeitig vom Blickwinkel Schwerte bekanntgegeben bzw. sind – wie auch die Informationen zu den Gitarrennächten – auf www.fingerstyle-masters.de“ zu finden.