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Channel: Blickwinkel – Das Nachrichtenportal für Schwerte
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Nessi Tausendschön eröffnet die Schwerter Kleinkunstwochen: Ein Abend mit Steigerungspotenzial

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In einer der Nummern parodierte Nessi Tausendschön die CSU. Fotos: Nadine Przystow

Schwerte. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben, aber die 61. Schwerter Kleinkunstwochen haben ja auch eben erst begonnen. Und zwar mit der Musikkabarettistin Nessi Tausendschön, die mit ihrem Programm „Knietief im Paradies“ im Gepäck und dem Gitarristen William Mckenzie an ihrer Seite am Freitagabend in der Rohrmeisterei gastierte.

„Knietief in der Scheiße“ und „mitten im Paradies“, das sind nach Tausendschön die zwei Zustände, die der Mensch kennt. Ersteres ist leicht zu definieren, doch wie mag das Paradies aussehen? Die Komikerin stellt sich einen Garten voller melancholischer Kühe vor, die laktoseintolerante Milch geben, mit Nerzen, die Mäntel aus dicken Frauen tragen und wo Nachrichten noch mit der Postkutsche verschickt werden. Jedenfalls, da ist sich die Nessi Tausendschön sicher, hätte die Menschheitsgeschichte einen anderen Verlauf genommen, wenn statt Adam und Eva zwei Chinesen die ersten Menschen gewesen wären: „Die hätten nicht den Apfel, sondern erst die Schlange gegessen.“

Licht und Schatten

Nessi Tausendschön als Webcam-Girl Gaby Pavelka.

Dann verfällt sie in stereotypes ‚Früher war alles besser-Denken‘. Da hat die Oma noch das Geschenkpapier gebügelt und es wurde aus Senfgläsern getrunken. Auch die Politiker bekommen ihr Fett weg. Sie kritisiert die Homophobie der CSU, empfiehlt Vertretern braunen Gedankenguts, sich ein Hirn zu backen und wirft Angela Merkel „lavieren beim Regieren vor“, um dann im Titelsong zu ihrem Programm munter zu konstatieren: „Es ist, wie es ist.“

Das Dauerthema Mann und Frau handelt Tausendschön kurz und klischeehaft in einem Monolog über die Sollbruchstellen von Beziehungen ab. Natürlich darf auch der Sex nicht fehlen. Den bringt sie wiederum in einem gelungenen Rollenspiel auf die Bühne. Als Gaby Pavelka, eine zumindest modisch zugeknöpfte Berlinerin, erzählt sie von ihrer Geschäftsidee, besondere Dienste vor der Webcam anzubieten. Vor der Wende habe sie bereits versucht, Cybersex per Fax zu praktizieren, das hat allerdings nicht wirklich gefruchtet. Jetzt können Kunden (und Kundinnen!) vor ihren „Empfängnisgeräten“ bei den „50 Shades of pay“ auf ihre Kosten kommen, wenn Pavelka sich zum Beispiel Maggi vom Handrücken leckt.

William Mckenzie begleitete Tausendschön an zahlreichen Instrumenten.

Wir sind schon im Paradies

Begleitet von dem Kanadier William Mckenzie an zahlreichen Gitarren, an der Ukulele und am Omnichord, brach die selbsternannte „Witzigkeitsprostituierte“ in dadaistischem Scatgesang aus, mutierte zur Opernsängerin und ließ sogar ein Theremin erklingen.

Die bunt zusammengewürfelten Inhalte mögen dem Umstand geschuldet sein, dass Tausendschön das Programm zwei Monate lang nicht gespielt hat. Am Ende kehrte sie aber wieder zur Ausgangsfrage zurück und sinnierte über die ständige Unzufriedenheit der Menschen, weil sie nicht nach dem normalen, sondern nach dem optimalen Glück suchten: „Und dabei sind wir doch schon knietief im Paradies und wir können jeden Moment hinausgeworfen werden“, gab sie den knapp 250 Besuchern die wohl wichtigste Erkenntnis an diesem Abend mit.


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